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BGH: Abfindungsanspruch des ausscheidenden Sozius

BGH, 12.07.2016 – II ZR 74/14

Aktuell hat sich der Bundesgerichtshof mit dem Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auseinandergesetzt.

In seiner Entscheidung befasst sich der BGH insbesondere mit dem Abfindungsanspruch des ausscheidenden Sozius.
Die entscheidende Norm ist hierbei § 738 I S.2 BGB.

§ 738 BGB ist zu verorten im Recht der Schuldverhältnisse, achter Abschnitt (Einzelne Schuldverhältnisse) im sechzehnten Titel „Gesellschaft“.
Die gesetzliche Grundlage zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts findet sich in den §§ 705 – 740 BGB.
§ 738 BGB normiert die sogenannte Auseinandersetzung beim Ausscheiden eines Gesellschafters.
§ 738 I S.1 BGB bestimmt, dass beim Ausscheiden eines Gesellschafters dessen Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zuwächst.

Gemäß § 738 I S.2 BGB wiederum sind die übrigen Gesellschafter dazu verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, welche er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 BGB zurückzugeben sowie ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre.

Mithin regelt § 738 I S.2 BGB im letzten Halbsatz den schuldrechtlichen Abfindungsanspruch des ausscheidende Gesellschafters:
Der Abfindungsanspruch dient der Kompensation des Verlustes der Mitgliedschaft. Folglich hat der schuldrechtliche Anspruch auch dem tatsächlichen Wert der Beteiligung des Ausscheidenden an der Gesellschaft zu entsprechen. Aus Gründen der Vollständigkeit darf der zweite Absatz des § 738 BGB nicht unerwähnt bleiben: § 738 II BGB normiert, dass der Wert des Gesellschaftsvermögens soweit erforderlich im Wege der Schätzung zu ermitteln ist.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung des BGH zum Abfindungsanspruch zugrunde:

Beklagt wurde eine Anwaltssozietät. Diese wurde in der rechtlichen Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt.
Der Kläger war ein Gesellschafter der GbR, der aufgrund ordentlicher Kündigung aus der GbR ausschied. Im Gesellschaftsvertrag fand sich keine rechtliche Regelung zur Abfindung des Klägers.
Das Klagebegehren war auf Errechnung und Auszahlung der Abfindung des Ausscheidenden gerichtet. Der Kläger begehrte des Weiteren einen Ausgleich der Kapitalkonten der Gesellschafter, da diese von unterschiedlichem Stand waren. Außerdem legte der Kläger dar, dass einer der Mitgesellschafter übermäßige Entnahmen getätigt habe.

In seinem Leitsatz stellt der BGH klar, dass sich der Abfindungsanspruch des Ausgeschiedenen umfassend gegen die Gesellschaft richtet.
Der Zahlungsanspruch des Klägers besteht aufgrund der unterschiedlichen Stände der Kapitalkonten sowie aufgrund der übermäßigen Entnahmen des Mitgesellschafters.
Allerdings ist dieser Zahlungsanspruch des Klägers zugleich ein Teil des gegen die Beklagte bestehenden Abfindungsanspruchs. Somit wird festgestellt, dass kein Raum besteht für einen zusätzlichen Ausgleichsanspruch, der von dem Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft zu trennen wäre.
Im Übrigen stellte der BGH klar, dass die Beklagte zur Aufstellung einer Abfindungsbilanz verpflichtet ist.