BGH: Auflösung einer mehrgliedrigen Gesellschaft

Urteil vom 08. Dezember 2015 – II ZR 333/14

In seiner Entscheidung vom 08.12.2015 befasst sich der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit der Norm des § 235 HGB.
Im Kern geht es in der genannten Entscheidung um die Auflösung einer mehrgliedrigen stillen Innengesellschaft.

§ 230 HGB normiert sowohl Begriff als auch Wesen der stillen Gesellschaft.

Bei der stillen Gesellschaft handelt es sich um eine Innengesellschaft, bei der die Gesellschaft nach außen gerade nicht in Erscheinung tritt. Demnach unterbleibt eine Vertretung der Gesellschafter.

§ 235 HGB ist verortet im zweiten Buch des HGB (Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft) unter dem Abschnitt drei (Stille Gesellschaft).

§ 235 I HGB regelt sowohl die Auseinandersetzung als auch das Guthaben: „Nach der Auflösung der Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen.“

§ 235 II und III HGB wiederum normieren das Ergebnis schwebender Geschäfte:
§ 235 II S.1 HGB legt fest, dass die zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte von dem Inhaber des Handelsgeschäfts abgewickelt werden. Des Weiteren bestimmt § 235 II S.2 HGB, dass der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust, der sich aus diesen Geschäften ergibt, teilnimmt.

§ 235 III HGB klärt abschließend, dass der stille Gesellschafter am Schluss jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen kann. Mit dieser Thematik befasst sich die BGH Entscheidung dezidiert.

Folgender Sachverhalt lag der BGH Entscheidung zu Grunde:
Ein atypisch stiller Gesellschafter, der Kläger, hat sich an einer AG mit einem bestimmten Betrag beteiligt. Rechtsnachfolgerin der AG war die Beklagte, eine GmbH & Co. KG.
Später fassten die stillen Gesellschafter der Beklagten den Beschluss, die stille Gesellschaft zu liquidieren.
Das klägerische Begehren war darauf gerichtet, dass die Beklagte ihm sein Auseinandersetzungsguthaben gemäß § 235 I HBG errechnete und auszahlte. (siehe oben)
Im Ergebnis verurteilte der BGH die Beklagte dazu, dem klägerischen Begehren nachzukommen.
In seinem Leitsatz stellt der BGH klar, dass die Auflösung der stillen Gesellschaft, die als bloße Innengesellschaft über kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen verfügt, grundsätzlich zu deren sofortiger Beendigung führt.

Laut BGH findet dies genauso auf die hier vorliegende mehrgliedrige stille Gesellschaft Anwendung, welche als sogenannte „Innen-KG“ ausgestaltet ist.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn nur die Auflösung der stillen Gesellschaft beschlossen worden ist.
Mithin entsteht der Anspruch des stillen Gesellschafters gerade nicht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem sämtliche Schulden der Beklagten berichtigt sind.

BGH zur Frage der Einlagenrückgewähr

Einlagenrückgewähr – BGH Beschlüsse vom 28. Juni 2016 – II ZR 90/15 , II ZR 91/15

Der BGH behandelt in den genannten Beschlüssen das Recht der Personenhandelsgesellschaft. Entschieden wird über das Vorliegen einer Einlagenrückzahlung eines Kommanditisten.

Der BGH setzt sich mit den Tatbestandsmerkmalen der Norm des § 172 HGB auseinander.
Die Norm des § 172 HGB findet sich in unter Abschnitt 2 des 2. Buches des HGB. Dieser Abschnitt regelt die Kommanditgesellschaft.
§ 172 HGB regelt den Umfang der Haftung des Kommanditisten.
Während die Absätze 1 bis 3 des § 172 HGB die Höhe der Haftsumme normieren, regeln die Absätze 4 bis 5 des § 172 HGB die Rückzahlung der Einlage.

Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 172 IV HGB waren in den genannten Beschlüssen entscheidend.
Nach § 172 IV S.1 HGB gilt die Einlage eines Kommanditisten den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet, soweit sie zurückbezahlt wird.
Gem. § 172 IV S.2 HGB gilt das Gleiche, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird.

§ 172 IV S.3 HGB wiederum normiert, dass bei der Berechnung des Kapitalanteils nach § 172 IV S.2 HGB Beträge im Sinn des § 268 VIII HGB nicht zu berücksichtigen sind.
§ 172 IV HGB, mit dem sich der BGH befasste, ergänzt § 171 I 2. Hs. HGB.
§ 171 HGB regelt die Haftung des Kommanditisten.
Nach § 171 I 1. Hs. HGB haftet der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar. Nach § 171 I 2.Hs. HGB allerdings ist die Haftung des Kommanditisten ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.
§ 172 IV HGB stellt in diesem Zusammenhang klar, dass das, was zurückgewährt ist, wie nicht geleistet gilt.

Der BGH beantwortete die Frage, wann eine Rückbezahlung der Einlage eines Kommanditisten nach § 172 IV HGB genau vorliegt. Eine Einlagenrückbezahlung wird bejaht, wenn eine Zuwendung an den Kommanditisten stattfand. Durch diese Zuwendung muss dem Gesellschaftsvermögen ein Wert entzogen worden sein, ohne dass eine entsprechende Gegenleistung stattfand.
Eine solche Zuwendung ohne entsprechende Gegenleistung kann auch in einer Leistung im Rahmen eines Austauschgeschäfts bestehen. Ein Beispiel hierfür ist, dass die Gesellschaft von dem Kommanditisten einen Gegenstand zu einem überhöhten Preis kauft.

Im Ergebnis lebt die persönliche Haftung des Kommanditisten dann wieder auf. Die Höhe der Haftung berechnet sich anhand des Unterschiedsbetrags zwischen dem überhöhten Preis und der eigentlich angemessenen Gegenleistung. Der maßgebliche Zeitpunkt wird durch den Erhalt der vereinbarten vertraglichen Leistung bestimmt.

BGH zur Auslegung des Vertrag bei der Publikumsgesellschaft

Publikumsgesellschaft – BGH Beschluss vom 27.06.2016 – II ZR 63/15

Der Beschluss des BGH befasst sich mit dem Recht der Personenhandelsgesellschaft.
Der BGH setzt sich konkret mit der Auslegung eines Gesellschaftsvertrags einer Publikumsgesellschaft auseinander.
Laut BGH greifen bei dieser Auslegung ähnliche Regelungen wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein. (Laut BGH ist dabei nicht relevant, ob eine Bereichsausnahme nach § 23 I AGBG oder § 310 IV BGB eingreift.)

Die gesetzlichen Regelungen zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden sich in den §§ 305 – 310 BGB.
§ 305 c II BGB normiert eine Regelung zu sogenannten überraschenden und mehrdeutigen Klauseln. Nach dem Wortlaut des § 305 c II BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders.

§ 305 c II BGB wird teilweise als „Unklarheiten-Regel“ bezeichnet.
Hierbei setzt § 305 c II BGB Zweifel infolge nicht behebbarer Mehrdeutigkeit der Klausel voraus. Somit müssen zumindest zwei vertretbare Auslegungen möglich sein. Auslegungsmaßstab nach § 305 c II BGB ist der objektive Inhalt einer Klausel.
Es ist entscheidend, wie eine Klausel typischerweise von redlichen Vertragspartnern – unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise – verstanden werden kann.
Die Interessenlage im Einzelfall ist demnach gerade nicht ausschlaggebend. Vielmehr entscheidet das Verständnis eines durchschnittlichen Vertragspartners. (Es kommt mithin auf sogenannte „typisierte Interessen“ an.)

An diese eben genannten Wertungen des § 305 c II BGB lehnt sich der BGH bei der Auslegung eines Gesellschaftsvertrags einer Publikumsgesellschaft an.

Dies bedeutet, dass beitretende Gesellschafter ihre Rechte und Pflichten (soweit diese nicht bereits gesetzlich normiert sind) unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag erkennen können müssen. Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders.

Es muss den beitretenden Gesellschaftern also anhand des schriftlichen Gesellschaftsvertrags gewährleistet werden, eine klare, eindeutige Prognose ihrer Rechten und Pflichten treffen zu können.
Der BGH führt in seinem Beschluss aus, dass eine objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags der Fondsgesellschaft stattzufinden hat. Eine objektive Auslegung wiederum findet statt, indem sowohl Wortlaut als auch Zusammenhang und Zweck Berücksichtigung finden.

Allein hierdurch muss festgestellt werden können, welchen Inhalt der Gesellschaftsvertrag genau hat.
Ausschlaggebend ist, was sich klar und verständlich entnehmen lässt. Keine Berücksichtigung hingegen finden die Vorstellungen der Gründungsgesellschafter.
Auch der (subjektive) Wille der Gründungsgesellschafter wird nicht berücksichtigt. Im Ergebnis geht der BGH davon aus, dass eine Auslegung lediglich anhand des objektiven Erklärungsbefundes stattfinden muss. Es kommt mithin darauf an, welche Regelungen Niederschlag im schriftlichen Gesellschaftsvertrag gefunden haben.